Erin K. - I Need Sound - 180gramm LP

Wie nur würde man reagieren, wenn in einem belebten Raum plötzlich das Glück in menschlicher Gestalt vor einem stünde und Kontakt anbahnen wollte?
Im allegorisch angelegten Song Happiness handelt sich der Mann namens Glück zunächst nur Abfuhren ein.
Von dem mit einem goldenen Löffel im Munde geborenen Mädchen, das nur Augen für einen anderen Typen hat, vom Sänger einer Band,
der seine kreative Schaffenskraft von zu viel Glück bedroht sieht, und schließlich auch von einer traurigen jungen Frau,
die sich ebenfalls nicht auf Glück einlassen möchte, weil sie der festen Überzeugung ist, dass Schmerz die Tiefe menschlichen Fühlens bestimmt.
So gibt Glück die Hoffnung fast schon auf und schaut traurig aus der Wäsche,
nur um in einem letzten Versuch doch noch bei dem verwöhnten Mädchen landen zu können.
Die Zeilen „He says, what did you just say? / I thought for sure you’d walk away / She says I know one day you’ll leave /
And then I’ll have to go and grieve“ deuten ein vorläufiges Happy End an.

Es sind solch oft beiläufig geschilderten Twentysomething-Geschichten, welche die in London aufgewachsene US-Amerikanerin Erin Kleh auszeichnen.
Ihre Songs handeln vom Streben nach Liebe und Zufriedenheit und verharren dennoch nicht in existentieller Schwere.
Ihr neues Album I Need Sound erzählt davon, das Leben irgendwie auf die Reihe zu bekommen und sich auch von kleinen Dramen
und Abschieden nicht die Lebensfreude nehmen zu lassen.
Sogar Stoßseufzer wie „How I wish I could gather my lovers together / Laugh off broken hearts / Make it all better /
How I wish I could take it one day at a time / But I keep falling hard for all I can’t find“ werden augenzwinkernd dargeboten.
Der oft aufgekratzte Indie-Pop dieser Platte versteht sich zudem darauf, ein ums andere Mal unwiderstehliche Melodien aus dem Hut zu zaubern.
Diese unterstützen Erin K beim Sinnieren über Beziehungen auf Zeit (Little Turns) oder beim Durchleben der Pein einer Weisheitszahn-OP (The Tooth Song).
Solch Themen muten vielleicht harmlos an, sind es aber nicht.
Erkenntnisreiche Bekenntnisse sind eine Spezialität dieses Albums, das hibbelige I Have A Knack etwa wartet mit der Einsicht
„I have a knack for faking things are fine / When everything’s a mess“ auf. Frame To Freeze dagegen ringt mit dem Versuch,
Kontrolle über Gedanken und Emotionen zu gewinnen, Seelenfrieden zu finden.
Im Vergleich zur 2017 erschienenen Vorgängerplatte Little Torch verzichtet I Need Sound auf Skurrilitäten.
Das Mehr an Ernsthaftigkeit wird freilich stets mit leichter Hand vorgetragen.
Die eine oder andere Überraschung hat Erin K noch immer parat. You‘re The One That I Want besticht als erstaunlich nachdenkliche, von jeglichem

I Need Sound zählt zu der Sorte Singer-Songwriter-Pop, dessen grübelnde Substanz mit Charme und Eleganz ergänzt wird.
Der Pfiff, der Erin K in die Wiege gelegt scheint, kommt auch auf dem neuen Werk nie zu kurz. Ihr zarter,
erzählender Gesang könnte kaum einnehmender ausfallen. Dazu sind die Songs noch bis ins letzte Detail liebevoll arrangiert.
Ja, dieses Album entpuppt sich als Glücksfall. Und wie der eingangs erwähnte Song Happiness bereits verdeutlicht,
sollte man dem Glück immer eine Chance geben!

Erin K ist eine echte Singer-Songwriter-Pop-Entdeckung !